Interview mit einem „Emotions-Vampir“ Teil 1

Haben Sie das auch schon einmal erlebt? Sie haben sich bis über beide Ohren verliebt und Alles läuft perfekt. Ihr Gegenüber lässt keine Gelegenheit aus, um Sie von seiner Liebe zu überzeugen. Möglicherweise hat er Sie auch bereits seinen Freunden und der Familie vorgestellt. In jedem Moment vermittelt Ihnen diese andere Person, dass Sie das Beste sind, was ihr jemals passiert ist – obwohl Sie sich gerade erst seit ein paar Wochen kennen. Doch Alles ist irgendwie so vollkommen, Sie haben unendlich viele Schmetterlinge im Bauch und verstehen sich, als wären Ihre Seelen eins miteinander. Winzige Gesten, ein einziger Blick reicht aus und jeder weiß, was der andere gerade denkt oder sich gerade wünscht. Es ist das absolute Hochgefühl. Immer wieder kommt der Gedanke in Ihnen hoch: „Genau so soll es sein, so kann es bleiben. Genau so hab ich es mir immer gewünscht!“ Wie ein Traum. Sie fühlen sich ungefähr so, als würden Sie bei herrlichstem Sonnenschein in Ihrem Traum-Cabrio mit 180 km/h über die Autobahn fahren. Der Himmel ist strahlend blau, die Straßen sind frei, kein anderes Auto weit und breit, Sie spüren einen leichten Wind in Ihrem Gesicht und aus dem Radio tönt Ihre Lieblingsmusik. Mit einem breitem Grinsen geben Sie noch ein bisschen mehr Gas – nichts und niemand kann Sie aufhalten in diesem absolut genialen Moment. Und dann? Dann taucht urplötzlich vor Ihnen, wie aus heiterem Himmel, eine 3-Meter dicke Mauer auf! Whammm! Wie aus dem Nichts.  Einfach so. Mitten auf der Straße! Und Sie… Sie rasen ungebremst dagegen… und zerschellen gnadenlos…

Wenn es Ihnen emotional so oder so ähnlich schon einmal ergangen ist, dann haben Sie sich sehr wahrscheinlich in einen sogenannten „Emotions-Vampir“ verliebt. Alles ist traumhaft mit diesem Menschen, er bemüht sich intensiv um Sie und gibt Ihnen das Gefühl, DIE große Liebe zu sein, nach der er immer gesucht hat. Dann verbringen Sie einen weiteren, unglaublich schönen Tag miteinander, reden möglicherweise sogar über Zukunftspläne und wie toll es wäre, wenn Sie zusammen leben würden. Irgendwann verabschieden Sie sich – wie immer schweren Herzens – voneinander und freuen sich auf das nächste Wiedersehen in vielleicht 2, 3 oder 4 Tagen. Tja… und ab diesem Moment hören Sie nichts mehr von diesem geliebten Menschen. Absolute Funkstille. Kein Anruf. Keine Nachrichten. Sie versuchen ihn zu erreichen, wollen wissen, ob irgendwas passiert ist. Aber da ist nur langes Schweigen auf der anderen Seite. Als Ihre Ungewissheit immer unerträglicher wird, kommt eine kurze Nachricht auf Ihrem Handy an: „Ich kann nicht mit Dir zusammen sein. Es ist vorbei.“ – Rums! Ein Gefühl von Ohnmacht durchfährt Ihrem Körper. Sie sacken förmlich zusammen. Können Ihren Augen nicht trauen. Wie gelähmt lesen Sie immer und immer wieder diese Worte. Das muss ein Irrtum sein, eine falsch verstandene Botschaft. Nein, so etwas würde Ihnen doch die Liebe Ihres Lebens niemals schreiben! Warum auch? Vor ein paar Tagen war noch Alles perfekt und sie haben mit wachsender Begeisterung Zukunftspläne geschmiedet! Das kann doch nur ein böser Traum sein! – Aber es ist Alles real. Der Mensch, mit dem Sie Ihr ganzes Leben teilen wollten, hat Sie einfach beiseitegeschoben. So wie eine unliebsame Sache, der man überdrüssig geworden ist. Ganz ohne einen erkennbaren Grund. Und er wird Ihnen auch keinen nennen. Ab jetzt beginnt er Sie nämlich zu ignorieren. Er will sich nicht mehr mit Ihnen oder Ihren Gefühlen herumplagen. Für ihn ist die Sache erledigt und das haben Sie – aus seiner Sicht – auch gefälligst zu akzeptieren. Es ist Ihr Problem, nicht seins.

Von nun an beginnt für Sie eine der schlimmsten emotionalen Phasen Ihres Lebens: Der Liebeskummer. Mächtig. Lähmend. Qualvoll. Sie können sich nicht mehr auf Ihren Alltag, den Job, die Freunde oder überhaupt die Menschen in Ihrer Nähe konzentrieren. Es gibt nur diesen einen, alles beherrschenden Gedanken: WARUM? Mit diesem Gedanken schlafen Sie – viel zu spät – ein und genau dieser Gedanke ist es, mit dem Sie dann morgens – viel zu früh – wieder aufwachen. Sie beginnen nach Gründen für diese Reaktion des Anderen zu suchen. Grübeln, ob Sie irgendetwas Falsches gesagt oder gemacht haben könnten. Oder gibt es eine andere Frau/einen anderen Mann im Leben Ihrer großen Liebe? Vielleicht sind Sie ja auch einfach nicht gut genug? Oder waren diese ganzen Gefühle des Anderen nur gespielt bzw. überhaupt nicht echt? – All diese Fragen plagen Sie, lassen Sie nicht mehr zu Ruhe kommen. Doch anstatt Antworten, erhalten Sie nur Spekulationen. Denn solange Ihnen der/die Andere nicht den WAHREN Grund nennt, werden Sie in dieser quälenden Ungewissheit hängen bleiben. Nicht selten dauert diese Phase viele Monate an. Und manchmal ist ein solches Erlebnis so einschneidend, dass in der nächsten Beziehung dieses Gefühl, nämlich dass „Es“ wieder GENAU SO passieren könnte, immer präsent ist. Das Resultat: Unsicherheit in der Partnerschaft aus welcher sich Misstrauen und Eifersucht entwickeln. – An diesem Punkt wird es Zeit, dass Ihnen jemand hilft, aus dieser negativen Gedankenspirale wieder herauszukommen.

Doch was bringt diese „Emotions-Vampire“ dazu, sich so zu verhalten? Die Gründe hierfür sind recht unterschiedlich. Einige wollen sich nur über eine verflossene Liebe hinwegtrösten bzw. suchen Bestätigung für ihr geschwächtes Selbstbewusstsein, andere haben Angst vor dem Alleinsein und wieder andere leiden unter Beziehungsangst. Dann gibt es noch jene, für die das Alles nur eine Art Machtspiel ist. Doch so mannigfaltig die Beweggründe auch sein mögen, am Ende geht es Ihnen nur um ihr eigenes gutes Gefühl, welches sie durch ihr verliebtes Gegenüber bekommen. Wenn dann der Reiz nicht mehr groß genug ist, ziehen sie weiter. Oft sogar ohne ein schlechtes Gewissen. Oder um bei den „Vampiren“ zu bleiben: Sie saugen die Gefühle der anderen Person förmlich aus, bis sie genug davon haben. Wenn es dann keinen neuen Reiz mehr zu holen gibt oder der ganze „Spaß“ zu einer ernsthaften Beziehung werden könnte, geht es ab zum/zur Nächsten – es gibt ja genügend „Andere“ da draußen.  So zumindest ist häufig die Denkweise.

Was aber steckt wirklich hinter jenen Menschen, diesen „Emotions-Vampiren“? Hierzu habe ich ein sehr offenes Interview mit einem Mann geführt, der sich auf genau diese Weise verhält. Immer wieder kommen Klienten in meine Praxis, denen es wie zuvor beschrieben ergangen ist. Mein Ziel ist es, ein wenig mehr Licht ins Dunkle zu bringen und somit sämtlichen Betroffenen beim Überwinden einer solchen Erfahrung zu helfen. Mehr dazu erfahren Sie in Teil 2 „Interview mit einem „Emotions-Vampir“.